So Freunde, jetzt hab ich euch ganz schön warten lassen. In der Zwischenzeit ist viel passiert und das möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Leider habe ich mich mal wieder ein bisschen verfahren und im Moment keine Ahnung, wo ich stecke. Fragen kann ich auch niemanden, die Leute verstehen mich einfach nicht. Aber gut, ich werde schon irgendwie wieder herausfinden. Obwohl das wirklich eine verdammt riesige Stadt ist, in der ich hier gelandet bin.
Dazu später mehr. Jetzt gehts erst mal um meine zwei letzten Serbientage, denn bis Sofia waren es noch ein paar Kilometer und da der Tag gestern wirklich ziemlich aufregend war, freute ich mich heute auf eine entspannte Etappe gen Süden.
Zunächst galt es die Lage zu checken. Denn als ich ziemlich früh aus dem Zelt kroch, wurde ich Zeuge eines richtig coolen Sonnenaufgangs über dem See, an dem ich mein Nachtlager aufgeschlagen hatte. Ich hatte von einem sehr netten Typen, der hier arbeitet, gestern noch allerhand Hintergund-Infos bekommen.
Zum Beispiel, dass der See als Trinkwasserreservat für die Bergbaustadt Bor angelegt wurde und in trockenen Monaten bloß halbvoll sein kann. Von einem trockenen Monat, so der junge Mann, könne man derzeit allerdings nicht sprechen. Seit Tagen, schimpfte er, regnete es hier. Das war merkwürdig, hatte ich doch bis auf die kurzen Schauer in Belgrad noch gar kein Wasser von Oben erlebt. Offensichtlich ist der Gebirgszug, den ich gestern durchfahren habe, eine Art Wettergrenze, was natürlich das heftige Gewitter auf dem Gipfel erklärte. Wetter hin, Wetter her, die Aussicht jedenfalls war grandios.
Ebenfalls gab es noch einmal eine kleine Einweisung in die serbischen Festivals, die ich auf keinen Fall versäumen durfte – aber so ziemlich alle schon verpasst hatte, weil zu viel zu spät dran. Na gut, Serbien steht auf meiner Rückkehrliste, das kann ich immer noch machen. Bin ja noch jung. Er knöpfte mir dann noch umgerechnet 2,50 € mit einem ziemlich bedrückten Gesichtsausdruck ab, was ich wieder nur mit Unglauben quittieren konnte. Warum nimmt er so wenig und warum tut es ihm dann noch leid? Ich gab ihm mehr und ging. Diesmal gab es kein Gemurre, sondern ein wirklich herzliches Danke.
Ab jetzt wurde es ziemlich schnell. Eine lange Abfahrt, ein paar kleine Anstiege, alles im machbaren Rahmen und auch mein erster Tunnel auf der Strecke. Keine weiteren Hundeabenteuer. Die Dorfdichte wurde wieder entspannter. Das hieß, Wasser, Futter und Kippen waren ab jetzt kein Problem mehr. Da bekommt das Fahren gleich wieder einen ganz anderen Wert und so wurden die knapp 100 Kilometer nach Knjaževac zu einem zwar recht warmen, aber sonst ziemlich entspannten radeln. Da auch hier wieder nicht sehr viel passierte (sogar die Busfahrer waren sehr freundlich) springe ich mal gleich zu meinem auserwählten Übernachtungsort.
Knjaževac ist wirklich hübsch und gleich am Stadteingang befindet sich ein Hotel. Nun weiß ja jeder, man sollte nie unbedingt das erstbeste nehmen. Und ein bisschen Hoffnung hatte ich auch, dass ich auf einer womöglich in der Innenstadt aufgestellten Tafel einen Campingplatz finden könnte. War leider nicht so. Aber dort war noch ein weiteres Hotel, das wesentlich heruntergekommener aussah als das erste. Heruntergekommen ist gut, weil passt ins Budget! Aber… heruntergekommen war schlecht, weil schon seit 5 Jahren geschlossen. Okay, zurück fahr ich nicht, also weitersuchen! Und diesmal hat es sich gelohnt! Ich hab nämlich nach nur 2 Stunden Suchen ein Hotel am Ortsausgang bezogen. Ich gebe zu, es war der gleiche Ortsausgang, durch den ich in die Stadt hineingekommen war und ja, es könnte sogar das gleiche Hotel gewesen sein, das ich von vornherein ausgeschlagen hatte, und eventuell war es sogar noch recht günstig und vielleicht hatten sie sogar einen tollen Platz für mein Rad und und und… aber den Weg dorthin, es zu finden, war anders! Nee, das erstbeste nehm ich jedenfalls nicht!
Da ich beim durchstreifen der Stadt schon bemerkt hatte, dass hier heute etwas abging, beschloss ich Essen zu gehen. Im Hotel war zwar ein Restaurant, aber übertreiben mit den Kompromissen muss man es ja dann doch nicht. Also auf ins südserbische Nachtleben. Es war ziemlich voll. Die beiden Restaurants auf meinem Weg waren komplett überfüllt. Nix für mich, ich brauche Armfreiheit beim Essen. Ich bin vom Dorf…
Aber gut, gefuttert hatte ich heute schon diverses und was die Serben unter Fast-Food verstehen, ist auch nicht zu verachten. Dummerweise waren auch die Stände für Borec, Pizza und Co. mit langen Schlangen grimmig dreinblickenden Serben belegt. Hier anstellen bedeutete, dass auch ruckzuck hinter mir wieder hungrige Serben stehen konnten, die meinen Versuch, irgendetwas essbares zu bestellen wenig humorlos aufnehmen könnten. Nee, die wollten bestimmt noch weiter und aufhalten wollte ich ja auch niemanden. Jetzt blieben nur noch Supermarkt und Crêpesstand übrig. Hatte ich heute auch schon zu Genüge. Aber da, ein Lichtblick… ein wunderschönes Hotel am Ortseingang! Oder Ausgang? Egal. Es wa superlecker und günstig und der Oberkellner sprach deutsch und somit wurde der Abend auch noch lustig.
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? An meiner Abstimmung zwischen Hirn und Bauch muss ich mal ganz dringend arbeiten. Allerdings nicht mehr heute. Mein Bauchgefühl sagte: Eigentlich müsste ich ins Bett. Und diesmal beschloss das Hirn zu folgen.