Etappe Bratislava – Győr

Nur noch schnell ans Fahrrad ketten, die Maus wegsperren und den Rest des Campingplatzes vor dem sicheren Tod retten

Ich habe euch ja gestern ein bisschen vor dem Campingplatz in Bratislava gewarnt. Hier jetzt die Geschichte.
Ich kam durch meine Verliebtheit relativ spät dort an und musste leider feststellen, dass die Rezeption geschlossen war. Da ich mich ja ständig mit meinen Zeiten verhaue, kenne ich das ja schon. Also gucken, ob irgendwo noch ein Restaurant geöffnet hat und dort nachfragen. Es war zwar ein angekündigter Party-Platz, aber bis auf eine kleine Bar fast am Ende des Platzes war nichts dergleichen auszumachen. Immerhin saß am Eingang ein Nachtwächter, der allerdings weder ein Wort Deutsch noch Englisch sprach. Meine Fragen beantwortete er mit Seufzen und Schulterzucken. Ich erklärte ihm dann mit Händen und Füßen, dass ich morgen früh gleich als Erstes zu Rezeption gehen würde um die Anmeldung nachzuholen. Ob es ihm nun egal oder recht war, ich weiß es nicht…

Auf der Suche nach einem geeigneten Untergrund traf ich ein deutsches Pärchen, mit denen ich mich über die allgemeinen Gewohnheiten des Platzes verständigte. In Deutschland ist es nämlich üblich, sein Zelt auf ausgewiesenen Arealen zu platzieren, während das im osteuropäischen Raum niemanden interessiert. Jedenfalls verquatschte ich so nun auch das letzte bisschen Licht. Da ich bislang nie ein gutes Händchen für schöne Bereiche gehabt habe, waren meine Ansprüche allerdings auch nicht sonderlich hoch. Also irgendwo schnell das Zelt aufgebaut und dann zur Rezeption in den WLAN, um noch ein bisschen meine Kontakte nach Hause zu pflegen.

Dabei staunte ich nicht schlecht, dass plötzlich zwei Polizisten auf das Gelände kamen. Hey, ich wollte wirklich gleich morgen früh zur Rezeption gehen! Aber sie waren kaum an mir interessiert. Beide hatten dicke Essenspakete dabei und schienen es sich im Kabuff des Nachtwächters bequem zu machen. Erst jetzt bemerkte ich das Schild über der Tür: Police. Campingplatz mit integrierter Polizeistation. Na wenn das nichts ist. So viel Luxus war ich nun doch nicht gewohnt. Und während ich noch darüber sinnierte, fielen mir diverse Schilder ins Auge, dessen Wortlaut ungefähr so ausfiel: Bitte bringen Sie Ihre Fahrräder zum Einschließen zu uns oder Geben Sie Ihre Wertsachen bei uns in Verwahrung.

Diebstahlsicherung

Sollte die Polizei also kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit sein? Ich ging mit einem unguten Gefühl zum Zelt zurück. Alles noch da. Aber da sicher nun mal sicher ist, band ich mein Fahrrad zusätzlich zum Schloss, auch noch mit Schnur an dem einem Ende an einen Baum und mit dem anderen an meinen Arm an. Kein wirklich wirksamer Diebstahlschutz, aber besser als nix.

Nun erwähnte ich bereits, dass Zeltaufstellplätze finden nicht zu meinen ganz großen Talenten gehört. Aber diesmal schoss ich den Vogel endgültig ab. Ich bin schon mit einem blöden Gefühl ins Bett gegangen. Und das bestätigte sich, als sich nachts um halb vier etwas unter mir zu bewegen begann. Ddurch die Plane, den Zeltboden und die Isomatte spürte ich kräftige Bewegungen. Von einem energischen Nagegeräusch bin ich wach geworden. Und schließlich hellwach wurde ich, als sich die Isomatte unter mir bewegte. Bis ich alle Zusammenhänge realisiert hatte, war Panik das vorherrschende Gefühl. Tja, ich hatte es doch tatsächlich geschafft, mein Zelt direkt über dem Ausgang eines Mäusebaus zu platzieren. Danach war es eigentlich nur lustig. Da sich „danach“ aber manchmal nicht sofort einstellt, bin ich erst einmal vors Zelt, eine rauchen.

Was ich jetzt erst sah: Der Zelteingang zeigte genau auf den Zaun des Platzes. Und just in dem Moment, wo ich mir die Zigarette anmache, schieben sich drei finstere Gestalten unter dem Zaun hindurch. Kurzer Augenkontakt (ich war noch im Killermodus wegen der Maus) und die drei schieben sich genauso wie sie gekommen waren wieder zurück. Dabei war klar, wie schon vorher mit der Maus, hatte ICH mehr Angst vor ihnen, als sie vor mir. Die nächsten drei Stunden schlief ich also relativ unruhig. Zwar hatte sich die Maus mit ihrem Stubenarrest abgefunden, aber die drei Kerle hatten einen festen Platz in meinem Unterbewusstsein eingenommen. Es blieb aber den Rest der Nacht alles ruhig. Zumindest für diese hatte ich die Camper um mich herum augenscheinlich gerettet.
Allerdings war eine weitere Nacht auf diesem Platz absolut ausgeschlossen. Ach, menno und das, wo ich mir Bratislava doch so gern näher angeschaut hätte. Aber da Hotels auf Grund meiner finanziellen Situation nur noch in absoluten Notfällen in Frage kommen, musste ich Wohl oder Übel meines Weges ziehen. Was blieb, war ein letzter, sehnsüchtig-verliebter Blick auf Bratislava. Dass ich beim Versuch ihren lieblichen Fängen zu entkommen mich wieder mal herrlich verfahren habe, ist wohl überflüssig zu erwähnen. Aber Umwege erweitern die Ortskenntnis, und zumindest weiß ich nun, wohin in Bratislava ich nicht mehr zurückkehren werde.

Der Rest der Etappe war unspektakulär. Man radelt auf einem richtig toll ausgebauten Dammweg in der Slowakei gen Ungarn und bekommt auch vom Länderwechsel kaum etwas mit. Es ging so schnell, dass ich nicht einmal Fotos schießen konnte. Das sollte ich aber am übernächsten Tag nachholen können. Denn für einen Tag kehrte ich noch einmal in die Slowakei zurück.

Aber heute ging es erst einmal ins ungarische Győr und was soll ich Euch sagen… Ich bin schon wieder frisch verliebt…