Das war es also… jetzt sitze ich hier im Hotelzimmer und schreibe diese Zeilen. Morgen geht es bereits weiter nach Österreich. Ich habe in den letzten 2 Wochen eine Strecke von 1019 Kilometern in 58 Stunden reiner Fahrzeit von Potsdam an die tschechische Grenze und dann quer durch die Tschechei zurückgelegt. Insgesamt 6676 Höhenmeter liegen hinter mir und 33367 durch das Fahren verbrannte Kilokalorien. Hätte ich im Vorfeld um die teils extremen Anstrengungen gewusst, hätte ich die Reise vermutlich nicht angetreten. Aber heute ist alles anders. Die schönen und spannenden Erfahrungen die ich bereits jetzt sammeln konnte, lassen die Strapazen dagegen winzig wirken.
Gestern nach dem Aufstehen hab ich noch schnell ein weiteres Bad im Bach genommen und habe dann Nadine und Jeremy noch ein Stück begleitet.
Die beiden sind wesentlich entspannter als ich. Sie nehmen sich genügend Zeit für Land und Leute und das hat mich tief beeindruckt. So sehr, dass ich gestern überlegt habe, die Route umzuwerfen und von Wien direkt nach Athen weiterzufahren. Die Verlockung auf den Euroradwegen zu bleiben ist groß. Die Wege sind meist besser ausgebaut und man findet am Wegesrand auch mal problemlos Möglichkeiten zum Einkaufen und Nächtigen, was die Sache natürlich wesentlich entspannter macht. So wäre es sogar möglich innerhalb der nächsten 3 Wochen bis Athen zu kommen.
Aber! Es riecht ein bisschen nach Autobahn fahren. Und seien wir mal ehrlich, wenn etwas meine bisherige Tour für mich so spannend gemacht hat, dann waren es die ganzen Unwegsamkeiten, die mir in die Quere gekommen sind und die es zu meistern galt. Sicher gibt es auch die eine oder andere Hürde am ER9 und ER8 nach Athen, aber das ist ein Weg, den jährlich tausende Menschen beschreiten… vielleicht auf dem Rückweg.
Jetzt ist es Zeit sich noch ein bisschen weiter auf unbekanntes Terrain zu wagen und Eindrücke fern ab von der mir bekannten „Zivilisation“ zu sammeln. Das soll nicht heißen, dass ich die Menschen in diesen Ländern für unzivilisiert halte, aber genau wie ich bei den Tschechen erfahren durfte, dass sie sich kaum von uns unterscheiden, hoffe ich, dass es mir in Bulgarien und Serbien ähnlich geht. Der Mensch bleibt Mensch, egal wo er lebt. Vielleicht sehen wir ein bisschen anders aus und eventuell ticken wir nicht immer gleich, aber genau das macht es ja so spannend. Die Prophezeiungen meiner Aldivordachkollegen hat sich nicht erfüllt. Ich bin durch ganz Südtschechien gefahren ohne einmal ausgeraubt oder verprügelt zu werden. Das gibt mir Hoffnung für die weitere Tour.
Ich denke schwarze Schafe werde ich überall finden, egal ob ich in Berlin oder in Budapest bin. Aber bislang hatte ich Glück und ich bin sicher, dass es nicht abreißt. Tschechien hat mir sehr gut gefallen und ich möchte hier auch gern noch einmal hin. Vielleicht mit nicht ganz so viel Gepäck und vielleicht mit mehr Ruhe. Es gibt hier wundervolle Plätzchen und unglaublich nette Menschen.
Aber der Abstecher nach Brünn gestern hat mir gezeigt, dass es auch hier noch viel zu tun gibt. Aber das werden sie meistern, die Tschechen. Was sind schon ein paar alte baufällige Fassaden für solche Arbeitstiere? Sie haben so viel in den letzten Jahren geschaffen, diesen kleinen Schlussspurt nehmen sie auch noch. Wer im nächsten Jahr in den Urlaub möchte, sollte Tschechien als echte Alternative zu Schwarzwald und Bodensee in Betracht ziehen und nicht nur weil es billig ist, sondern weil die Menschen es hier verdient haben, dass auch wir uns persönlich von ihren Leistungen überzeugen und ihnen Respekt zollen.
Wenn ihr das lest, werde ich aller Wahrscheinlichkeit nach schon Österreich passiert haben und irgendwo in der Slowakei unterwegs sein. Ihr lest von einem tief beeindruckten Christian und einer hohlen Ente, die wieder kaum Fotos von sich hat machen lassen. Nur das Mal, als sie schwimmen war, hab ich mich heimlich angeschlichen und sie geknipst.
Nadine und Jeremy machen kleinere Schritte und ich glaube, das ist gut so. Ab jetzt werde ich mir auch mehr Zeit für meine Reise nehmen und ein bisschen genauer schauen. Worum ich die beiden aber ehrlich beneide, ist dass sie diesen Trip gemeinsam unternehmen. Alleine ist es auch für einen Eigenbrötler wie mich oftmals nicht ganz einfach. Niemand da, der mal auf die Bremse tritt oder einen Alternativvorschlag zu meinem teilweise recht unüberlegten Handlungen vorträgt. Aber wenigstens kann ich die schönen Momente mit Euch teilen und ich hoffe, ihr habt ein bisschen Freude beim Lesen. So long friends, ich entlasse Euch noch mit ein paar schönen Bildern aus Brünn und der Südtschechei, die scheinbar (nicht ohne Grund) ein Urlauberparadies für die Tschechen ist.
Bleibt mir treu und auf ein Wiedersehen in der Slowakei.
Liebe Grüße
Euer Christian