Etappe Dresden – Děčín

Wie ihr ja sicher mitbekommen habt, kommen die Reiseberichte nicht immer ganz aktuell ins Netz. Das hat einerseits mit meiner Rechtschreibschwäche zu tun (Jule muss lektorieren), und anderseits ist es im Moment tatsächlich ziemlich anstrengend. So beschränke ich meine Schreiberei nur auf die Ruhetage. Heute ist wieder einer. Damit aber weder die Seite nicht einschläft oder ihr auf Grund der langen Texte weg döst, veröffentlicht Jule nur häppchenweise. Ist aber nicht schlimm, so habe ich wenigstens Gelegenheit noch einmal ein paar Dinge nachträglich zu ändern. Es geht mir oftmals so, dass ich die Erlebnisse mit ein bisschen Distanz auch ein bisschen lockerer sehen kann. Sonst würde das hier manchmal in ganz schönes Gejammer ausarten. Jetzt sagt ihr natürlich ganz zu Recht „Hast es dir doch so ausgesucht“. Stimmt. Aber dafür bekommt ihr alles nur kleckerweise. Trotzdem möchte ich mich bei allen Mitreisenden noch einmal für eure lieben und aufmunternden Kommentare bedanken. Ihr glaubt nicht, wie sehr mir das streckenweise weiterhilft. Jule hat übrigens vorgeschlagen, dass ich die Sousente mit meinen mangelnden fotografischen Kenntnissen mal vor der einen oder anderen Sehenswürdigkeit knipse und wer errät, wo sie da gerade steckt, bekommt eine Postkarte von mir. Blödsinn, oder? Wer will schon eine Postkarte mit meiner Sauklaue von irgendwo aus Europa?

So, dann will ich euch mal nicht weiter auf die Folter spannen. Oder wie mein Freund Eric zu sagen pflegt „Mit dem Stuhl auf den Kopf hauen“, sondern von den neusten Erlebnissen von Sousente und mir berichten. Sie war diesmal ein bisschen fotoscheu und ich hatte auch wenig Lust zum Landschaft ablichten, deswegen gibt es neue Entenfotos erst mit dem nächsten Ruhetag. Tut mir ja ein bisschen leid, seit heute weiß ich ja, ihr wollt eigentlich nur die nackte Ente sehen…

Am Donnerstag war ja Ruhetag und da ist auch kaum was Aufregendes passiert. Deshalb überspringen wir den mal. Es hat eh nur den halben Tag geschifft und am Abend konnte ich noch ein bisschen nett mit meinem Zeltnachbarn plaudern, der mir dann gleich versichert hat, dass es irgendwann besser werden würde mit dem Regen, und dass es auf meiner Strecke noch den einen oder anderen Abschnitt geben würde, wo ich mich in die regnerische Elbregion zurückwünschen würde. Ich habe das erst einmal nur trocken belächelt, aber er war da auf jeden Fall erfahrener als ich. Er scheint ein richtiger Ost-Europa Fan zu sein und hat kein schlechtes Haar an der Gastfreundschaft der Albanern, Kroaten, Serben gelassen. Ich bin gespannt. Aber bis dahin ist es ja noch ein weiter Weg und eine große Klappe sollte ich nach inzwischen 636 zurückgelegten Kilometern wohl auch noch nicht haben. Galt es am Freitag doch erst einmal die deutsch-tschechische Grenze zu überwinden. Da ich schon einmal an der Elbe war und diese unter dem Pseudonym Labe in Tschechien auch weiterfließt, schien mir ein Umweg über die einschlägigen (ehemaligen) Grenzübergänge überflüssig. Also folgte ich ihr einfach weiter, nicht aber ohne vorher einen kleinen Abstecher in die wunderschöne Stadt Pirna zu tätigen. Ich hörte nämlich seit dem Losfahren ein „verdächtiges Geräusch“ (Trommelwirbel würde die Sache noch dramatisieren) im Tretlager. Da es mit meinen Tschechischkenntnissen nicht sonderlich weit her ist, beschloss ich das vorher noch in Deutschland abklären zu lassen und suchte mir einen Fahrradladen. Kurz gesagt, ich habe Mist gebaut und eigentlich sollte mich die Peinlichkeit meiner Unkenntnis eigentlich zum Stillschweigen verpflichten, aber diesen Fahrradhändler kann ich euch unmöglich vorenthalten.

Die wenigsten von euch werden jetzt in Pirna mal zum Radhändler müssen, aber da trifft es sich großartig, dass der Kerl noch einen anderen Job zu haben scheint. Er ist nämlich Pirnas offizieller Nachtwächter und bietet dort auch Führungen an. Leider ist er wirklich ein Meister seines Faches und deshalb konnte ich nicht bis zum Sonnenuntergang bleiben. Dennoch hat er eindrucksvoll seine Qualitäten unter Beweis gestellt. Er prüfte mit wachem Auge meine Pedale und das Tretlager – Nö, da ist alle in Ordnung. Dann schlug er sich aber beide Hände ins Gesicht und sagte „Aber solch eine Kette ist mir seit Jahren nicht mehr untergekommen! Wer hat Sie denn dazu animiert, diese wie ein Schnitzel zu behandeln?“ Er erklärte mir kurz das Wirkprinzip solch einer Kette und da man da wohl nicht maßlos Öl draufkippen sollte, drückte mir einen Putzlappen in die Hand und schickte mich an die Elbe um das Ding mal gründlich sauber zu machen. Der normale Dienstleister hätte zwar nicht mit mir geschimpft, aber er hätte wohl das Rad zu einer eingehenden Kontrolle erst einmal ein paar Tage einbehalten, alles gründlich durchgecheckt und mir schlussendlich ein neues Tretlager verkaufen müssen. So hat das keinen Cent gekostet und ich war um einiges an Wissen reicher. Ich habe mir einen ruhigen Platz gesucht, das Ding richtig sauber gemacht und siehe da – er hatte Recht. Alles wieder im Lot. Jetzt habe ich wenigstens wieder ein Ziel fürs Leben. Zurückkommen und dann nach Pirna fahren, um ihn auch mal als Nachtwächter in Aktion zu sehen. Klasse Typ. Aber es half ja nix, der Osten rief.

Also rauf aufs Rad und weiter im Text. Auch wenn sie mich erst langweilte, hier kam ich aus dem Staunen über dieses wunderschöne Elbtal einfach nicht mehr heraus. An so coolen Dingen wie der Bastei oder dem Schloss Königsstein vorbeizufahren, hat schon etwas. Auch wenn ich hier wieder nicht mit tollen Fotos protzen kann, denn die abklingende Wirtschaftskriese verfolgt mich scheinbar und so sind die Bilder vom Schloss Königsstein leider auch nur für Bausachverständige gut, denn dort wird leider auch gerade saniert. Wenn einer unter euch Lesern diesem Beruf nachgeht: Habe ich nur für dich gemacht!

BILD FEHLT NOCH

Kurz hinter Bad Schandau verabschiedete sich das Wetter dann noch standesgemäß mit einem herrlichen Gewitterchen, was ich in dieser Intensität noch nie erlebt habe. Binnen kürzester Zeit fiel die Temperatur von 28 auf 18 Grad und ich war nass bis auf die Knochen. Das einhergehende Schauspiel der einschlagen Blitze auf den Gipfeln der Berge war etwas, was mir bestimmt noch Jahre in Erinnerung bleiben wird, während ich die Nässe wohl hoffentlich bald vergessen haben werde.

Komplett durchgeweicht ging es die letzten Meter in Richtung Tschechei. Irgendwie war ich ziemlich enttäuscht. Denn während auf der rechten Seite schon die ehemalige Zollstation und diverse Gebäude mit der Aufschrift Bazar die Landeszugehörigkeit ankündigten, passierte auf meiner Seite rein gar nichts. Nicht einmal ein Hinweisschild auf die Grenze oder so etwas ähnliches. Offenbar scheint uns Deutschen die rechte Seite der Elbe dann doch noch ein bisschen mehr zu gehören, und so kam einige Kilometer nach der linksseitigen Grenze dann auch mein erster Grenzpfeiler. Die Ente hat sich den einmal genau betrachtet. Könnt Ihr sehen, wie aufgeregt die war?

Deutsch-Tschechische Ente

Auf einmal waren die ganzen Strapazen der vergangenen Strecke fort – denn in Tschechien dient der Elberadweg dann nicht mehr ausschließlich Rädern, sondern auch Hobbyrennfahrern, die ihre vollbesetzten Autos mit atemberaubender Geschwindigkeit ebenfalls an der Elbe, nein, Labe spazieren fahren. Und das, obwohl mir schon entgegenkommende Fahrradtrüppchen durchaus Schwierigkeiten bereiteten. Hier war oftmals nur ein kühnes Ausweichen ins Schilf die einzige Möglichkeit am Leben oder bestenfalls auf dem Rad zu bleiben. Im Allgemeinen hat der Tscheche wohl eine etwas andere Einstellung zu Fahrradfahrern. Die werden hier nämlich gern für Spinner gehalten. Sie können ja nicht wissen, dass es in meinem Fall auch tatsächlich so ist.

Meine erste Übernachtungsstation sollte dann das Hotel Kocanda in Děčín sein, welches mir vom Elberadwegführer wärmstens ans Herz gelegt wurde. Prinzipiell wollte ich zwar endlich mal die Kostenschraube nach unten regulieren, aber die beiden Pensionen bei denen ich um ein Nachtlager flehte, waren ausgebucht. Eine davon z.B. mit einem Ruderclub aus Berlin. Als ob in Berlin an der Spree nicht genug Wasser wäre. So musste ich dann also ins verhältnismäßig teure Hotel. Sicher hätte sich auch noch eine günstigere Alternative gefunden, aber mach das mal, wenn du klatschnass und völlig durchgefroren bist. Ich war nur froh, ein Bett und eine Dusche zu haben, welche ich dann auch ausgiebig nutzte. Nur einen kleinen Abstecher zu Kaufland um die Ecke konnte ich mir nicht verkneifen. Einerseits weil mein Nachschub an Zigaretten zur Neige ging und andererseits hatte ich da seltsame Gerüchte gehört, deren Wahrheitsgehalt ich noch gern auf den Grund gehen wollte. Bei einem anderen Blogger hatte ich gelesen, dass man sehr viele deutsche Produkte in den Regalen der von deutschen Supermarktketten assimilierten Länder findet. Und siehe da: nicht einmal die Mühe, den Mist umzuverpacken, machen sich unsere Discounter! Liebe Tschechen, ich bin absolut dankbar für jeden eurer kleinen Läden in jedem noch so kleinen Popeldorf. (Hier bekommt man nämlich Wasser und leckeres Energieliefergebäck) Lasst euch das nicht von unserer Kaufkultur versauen. Supermarktketten = böse!!!

Klar ist „Einmal hin – alles drin“ bequem, aber auch mal irgendwo in der Pampa eine Flasche Wasser kaufen zu können, ohne immer gleich das Auto zum nächst größeren Städtchen nehmen zu müssen, ist echt eine Attraktivität, die bei uns völlig verloren gegangen ist. Wenn ich daran denke, wie ich in den ersten Tagen meiner Tour immer wieder nach Tankstellen oder kleinen Märkten Ausschau halten musste, um meinen Wasservorrat im Lot zu halten, war das hier ein Paradies.

Ich muss zugeben, dass mich diese Infiltration von Kaufland, Aldi, Lidl und Co. schon ein bisschen geärgert hat und ich aus Protest auch bis zum heutigen Tage in keinem mehr gewesen bin!

Das war es eigentlich für diesen Tag. Morgen berichte ich Euch über die architektonischen Scheußlichkeiten, mit denen die Tschechen ihre wunderschönen Altstädte zerstören und über den bis dato längsten und heißesten Tourabschnitt.