Etappe Orfü – Csátalja

Da meine Tour bis auf die Tatsache, dass ich mich mal wieder in einer Stadt völlig verfahren und die 2.000-Kilometer-Marke geknackt habe, absolut unspektakulär war – ging es doch wieder einmal eine Fernstraße entlang -, möchte ich ich heute gern die Geschichte von Dirk erzählen. Der gabelte mich nämlich an der Fähre in Mohács auf und lud mich in sein Bed & Breakfest nach Csátalja ein.

Folge einfach nur der Hauptstraße, dann einmal in Nagybarcska nach links und wenn Du Csátalja siehst, immer den Hinweisschildern nach. Guck einfach nach Luckys B&B!

Nun wollte ich ja Budgetbedingt eigentlich nur noch campen, aber solcher Eifer und Mut auf wildfremde Menschen zuzugehen, gehört belohnt, oder? Gut, außerdem nannte er Zimmerpreise, die einigen Campingplätzen nicht wirklich unähnlich sind und dafür gibt es aber noch ein Frühstück oben drauf. Wer da nein sagt, ist ein bisschen blöde. Ich für meinen Teil hatte heute schon genug Blödsinn gemacht und natürlich zugestimmt.

Dirk ist Belgier, was erst einmal nicht schlimm ist, und mit seiner Frau nach Ungarn gekommen, weil er dort einen Reiterhof eröffnen wollte. Das hat soweit wohl auch ganz gut funktioniert, bis ein böser Reitunfall ihn zur Aufgabe seiner Passion gezwungen hat. Auch seiner zweiten Leidenschaft, dem Motorrad fahre, kann er seitdem nicht mehr voll und ganz nachgehen. Nun sind die Belgier für ihre Zähheit bekannt und Dirk ist da wohl keine Ausnahme, hat er doch einfach das Beste daraus gemacht und seinen Reiterhof in ein B&B umgewandelt. Und wie! Super toll eingerichtete Zimmer, kuschelige Betten und einen Haufen Haustiere, die völlig unaufdringlich immer für ein paar Streicheleinheiten zu haben sind. So ist das eben manchmal, man kommt irgendwo hin und fühlt sich gleich wohl.

Das liegt jedoch selten an den Häusern, wie ich zwei Tage später feststellen durfte, sondern fast immer an den Menschen. Ist ein Campingplatz immer wieder für interessante Gesprächspartner gut und eine Pension (oder B&B) oftmals ein Garant für tolle Gastgeber, bekommt man dieses Gefühl in Hotels eher selten. Hier ist man ein Gast von vielen, kriegt einen Zimmerschlüssel bei der An- und eine Rechnung bei der Abreise, ist aber sonst hinter irgendeiner nummerierten Tür. Denn so viel ist klar, der Portier eines Hotels hätte mich an diesem Abend nicht noch zum Billard spielen im Dorf eingeladen. Dirk schnappte sich seinen Sohn, dann mich und dann ab ins Nachtleben von Csátalja! Was mich zu einer weiteren interessanten Erkenntnis über die Ungarn bringt…

Csátalja ist ein klassisches Dorf. Ungefähr genauso groß, wie das, aus dem ich komme. Trotzdem geht hier abends die Post ab. Es waren erstaunlich viele Menschen auf den 3 Straßen und selbst am Zigarettenladen standen die Leute beieinander und quasselten. Warum sind die eigentlich so viel geselliger als wir? Den Ungarn geht es nicht besser als uns, sie haben nicht mehr Besitz als wir und ganz sicher sind sie nicht reicher oder gesünder, sie haben ein anderes Geheimrezept. Und das ist eben nicht nur die Freundlichkeit zu ihren Gästen, von der ich so viel profitieren durfte, sondern sie sind auch untereinander so. Natürlich gibt es auch dort Spannungen, aber sie wissen eben, dass sie voneinander abhängig sind, während wir von allem genug haben und nicht borgen oder tauschen müssen. Fehlt uns was, kaufen wir es uns und bemerken dabei gar nicht, wie uns unser Besitz manchmal ein bisschen auseinander bringt. Der ständige Mangel an Dingen bringt Menschen ganz schön zusammen, das konnte ich hier lernen.

In Serbien sollte das noch etwas ganz anderes werden. Hier habe ich meinen ersten wirklichen Kulturschock erlebt und muss zugeben, nicht unbedingt zum Negativen. Davon aber beim nächsten Mal mehr. Hier war heute erst mal Schluss, ich besoffen und beschloss einen weiteren Ruhetag bei Dirk und seiner Familie zu machen. Nicht um mich weiter maßlos zu betrinken, sondern um in völliger Ruhe schreiben zu können. Und das geht gut auf Luckys Ranch!